The imposing Chevrat Chinuch Nearim
(in two parts) is an extremely rich and valuable collection of documents
in German (the great majority) and Hebrew, relating to the attempts
at pedagogical reform made by Jews in Prussia in the second half of
the eighteenth and three first decades of the nineteenth century, and
notably by the Freischule or Hevrat hinnukh ne´arim, founded
by Isaac Daniel Itzig and David Friedländer in 1778. The detailed
table of contents of the documents alone occupies some 27 pages (pp.
87-113). As Michael A. Meyer underscores in his introductory essay (in
English), the importance of the Freischule, a small, tuition-free school
for poor, mainly Jewish, children, lies in its being a "mirror
of attitudes", meaning Jewish (and non-Jewish) attitudes toward
secular education. Shmuel Feiner, for his part, writing (also in English)
from the perspective of "the Jewish and Israeli historian",
notes the acute relevance of the discussion about the legitimacy of
including "secular" subjects in Jewish curricula even today
(not only in Judaism, one may add). Lohmann emphasizes that the collection
includes not only documents bearing directly on the Freischule,
but also texts related more generally to the debate over modernization
and educational politics. Her long introductory essay (pp. 13-84; in
German) offers a well-informed and contextualized history of the Freischule
and of Jewish education in Berlin during the eighteenth and early nineteenth
centuries. The bulk of the volume consists of some 700 documents, filling
more than 1200 pages, many of them taken from archives and here printed
for the first time. They include many rare documents, including some
in Hebrew. The volume concludes with a glossary of Hebrew terms (for
those unfamiliar with Jewish culture), followed by various indexes of
persons whose names appear in the book, an index of topics, and an extensive
bibliography. All in all, this book is model of its kind and will serve
historians for many years.
Aleph: Historical Studies in Science
and Judaism, Vol. 4 (2004), S. 320-322.
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Die vorliegende bedeutende Quellensammlung
verdankt ihre Entstehung dem DFG-Projekt "Jüdische Dialogkultur
und das Problem der Interkulturalität - Historische Rekonstruktion
am Beispiel der jüdischen Freischule in Berlin (1778-1825)".
... Die Gründung der Freischule
ist im Zusammenhang der Haskala, der jüdischen Aufklärung,
zu sehen. Dem widerspricht nur bedingt, dass dann in der schulischen
Praxis, so die Kritik von Shmuel Feiner, nicht gerade die Visionen der
Maskilim, der intellektuellen jüdischen Aufklärer, verwirklicht
wurden, nämlich eine alternative geistige jüdische Elite gegenüber
der talmudischen Gelehrtenelite zu schaffen. Die Berliner Freischule,
die gerade nicht für die reiche Oberschicht, die ihre Kinder weiterhin
privat erziehen ließ und bald auf die öffentlichen höheren
Schulen schickte, sondern - wie Feiner selbst betont - als wohltätiges
Werk für Bedürftige geschaffen wurde, musste mit einem solchen
Anspruch von vorneherein überfordert sein. Ganz offentlichtlich
ist jedoch die Perspektive des israelischen Historikers Feiner geprägt
von bis heute weiterwirkenden Diskussionen über moderne jüdische
Erziehung. Dort wird in orthodoxen Polemiken die Berliner Freischule
als ungutes historisches Beispiel genannt, und die hinter der Freischule
stehenden jüdischen Aufklärer und Schulreformer, welche hierzulande
- sieht man einmal von Moses Mendelssohn ab - bisher nur wenigen Spezialisten
bekannt waren, sind in der dortigen kulturellen Auseinandersetzung nach
wie vor präsent.
Demgegenüber kann die Herausgeberin... in ihrer
Einleitung sich gelassen geben. Sie betont mit guten Gründen eine
zentrale Einbettung der Freischulgründung in die pädagogische
Reformszene der Aufklärungsepoche, eine größere Nähe
zum Philanthropismus Basedows und Campes als etwa zu Pestalozzis Armenerziehung,
sowie, dass die Freischule wie andere aufklärerische Gründungen
mit der Erwartung eines Multiplikationseffektes verbunden war, der auf
einen Wandel von Erwerbsformen und Lebensweisen, von Werten und Gesittung
zielte. Zu konstatieren ist auch eine Parallelität mit den zentralen
Schriften, v.a. der Bibelübersetzung von Mendelssohn. Dessen Nähe
zur Freischulgründung wird von Feiner zu unrecht bezweifelt. Mit
Mendelssohns Bibelübersetzung waren notwendige Voraussetzungen
"für den Einbezug der jüdischen Religion in Bildungsprozesse
im modernen Sinne geschaffen"; erst jetzt waren sprachliche, literarische
und weltanschauliche Vergleiche naheliegend und damit die Möglichkeit,
sie zu Bildungsmitteln zu entwickeln (35).
Insgesamt gesehen erscheint nicht nur die Geschichte
der Freischule, sondern auch das spezielle bildungsgeschichtliche Kapitel
als "ein Lehrstück des Nichtfunktionierens einer Politik der
allgemeinen Grundsätze" (81). Dort finden sich auch zwei "unselige"
Topoi ... aus der preußischen Sektion für Kultus und öffentlichen
Unterricht: einmal der Topos von der "unerwünschten Einwirkung
jüdischer Schulmänner auf Charakter und Richtung des Geistes
christlicher Kinder", zum anderen, dass der wirksamste "Hebel
für die weitere bürgerliche Verbesserung der Juden (...) die
Reform der Elementarschule" sei (81f). Auf Grund des ersteren mussten
1819 die nichtjüdischen Schüler die Freischule verlassen,
die sie bisher erfolgreich als probate "Handelsschule" genutzt
hatten, was die Schulgeldeinnahme der Freischule sowie ihren aufklärerischen
Anspruch erheblich tangierte. Zum anderen zielte die künftige primäre
- und flächendeckende - Reform der Elementarschulen ausschließlich
auf die Schulen der jüdischen Gemeinden. An diesen war freilich
eine - mit der Freischule vergleichbare - Umsetzung aufklärerischer
jüdischer Erziehung nur sehr eingeschränkt möglich. Hinzu
kam, dass die offizielle staatliche Volksschulpflicht nunmehr ohnehin
die religiösen Bildungsinhalte betonte. Folgerichtig endete 1825
das Experiment der Freischule mit deren Umwandlung in eine jüdische
Gemeindeschule. ...
Peter Fleck, in: Archiv
für hessische Geschichte 62 (2004), S. 390-392.
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The editors of this new series of publications
on the history of Jewish education in Germany have opened new avenues
for research with a treasure trove of primary sources on the founding
of the first modern Jewish school in Germany in 1778, the initiatives
for Jewish educational reform, and the Prussian government´s policies
on the schooling of the Jewish minority from 1760 to 1825. Ingrid Lohmann
and her coeditors are pursuing two worthy goals in this series: to examine
the history of the Jewish minority in relation to, and not apart from,
the surrounding social and cultural world and to integrate it into the
historiography of German education.
Marjorie Lamberti (Middlebury, Vermont),
in: Zeitschrift für pädagogische Historiographie 9 (2003)
1, S. 3.
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Was auf den ersten Blick wie eine den Leser
durch schiere Materialfülle und Gewicht erschlagende Faktenhuberei
anmutet, entpuppt sich bei genauerem Studium als Fundgrube selbst für
Kenner der Materie. Da die Freischule und ihr Verlag in der Berliner
Haskala wichtig genommen wurden, erfahren wir unendlich viel mehr als
für eine noch so mikrohistorische Schulstudie nötig wäre.
Hier wird ein Quellenmaterial präsentiert, dessen Auswertung noch
lange dauern wird und das neue Einsichten in das Funktionieren und auch
das Innenleben der jüdischen Aufklärungsbewegung erlaubt.
Allein ein Blick in das lange und hilfreiche Personenregister und in
die Namenslisten der Bände macht evident, daß diese jüdische
Aufklärung in Berlin nicht die Kopfgeburt einiger ehrgeiziger Intellektueller
und Bankiersfamilien war, sondern eine breite innerjüdische Massenbewegung
mit sofortiger Wirkung auf Hunderte von jungen Leuten. Wer zukünftig
über Haskala und jüdische Pädagogik forscht, kommt um
diese Quellensammlung nicht herum.
Christoph Schulte (Potsdam), in: Das
Achtzehnte Jahrhundert. Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für
die Erforschung des achzehnten Jahrhunderts 27 (2003) 1, S. 146.
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Beispielhaft führt hier die Quellensammlung zur
"Jüdischen Bildungsgeschichte in Deutschland", bestückt
aus 15 Archiven, vor Augen, wie durch unser Wissen von vorangegangenen
"Dialogen" unser Verständnis für die Situation der
in Deutschland aufwachsenden Juden erweitert und vertieft wird. [...]
Der Lust an der Rezeption der 1250 eng bedruckte Seiten umfassenden
Quellenwiedergabe wird [...] aufgeholfen durch die übersichtliche
Gestaltung des Textes und der Nachweise sowie durch hilfreiche Register.
Die Bedingungen für eine gewinnbringende Lektüre sind also
optimal, so daß den beiden stabil gebundenen Bänden viele
Leser zu wünschen sind, die sich in die vielschichtigen Probleme
der Unterweisung jüdischer Kinder und Jugendlicher am Beginn der
Moderne einführen lassen wollen.
Harald Scholtz, in: Paedagogica Historica. International
Journal of the History of Education XXXIX (2003) n. I & II, S. 207-209.
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Das vorliegende Werk ist [...] eine höchst bedeutende
Quellensammlung, deren Veröffentlichung sehr zu begrüßen ist, hat doch
die Zusammenarbeit von Erziehungs- und Geschichtswissenschaft sowie
Judaistik ein fruchtbares Ergebnis zustande gebracht, vor allem nachdem
die wenigen Untersuchungen zum Erziehungswesen der jüdischen Minderheit
im Übergang zur Moderne bis jetzt nur in hebräischer Sprache vorliegen.
[...] Hervorzuheben ist schließlich, daß die ausgewählten Quellen meist
ungekürzt dokumentiert wurden und teilweise auch das hebräische Original
mitabgedruckt wurde.
Claudia Prestel (University of Leicester),
in: VJS-[Vereinigung für Jüdische Studien] Nachrichten Nr.
7 (2003), S. 17-19.
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Nachdem die bisherige Schulgeschichtsschreibung das
jüdische Schulwesen in Deutschland sträflich vernachlässigt
hat, scheint nun ... das Gegenteil einzutreten: Zwei voluminöse
Dokumentenbände über eine Lehranstalt, die nicht einmal ein
halbes Jahrhundert überdauerte ... ist dieser Aufwand wirklich
gerechtfertigt? Er ist es, denn ... [es] geht ... darum, an diesem Beispiel
den jüdischen Beitrag zur Berliner Aufklärung zu dokumentieren
und minutiös zu rekonstruieren, wie die preußische Schulverwaltung
vor, während und nach der Humboldt´schen Bildungsreform auf
die bildungspolitischen Emanzipationsbemühungen der jüdischen
Minderheit reagiert hat. In einer lesenswerten Einleitung weist die
Herausgeberin nachdrücklich darauf hin, wie wichtig das Edikt vom
11. März 1812 und wie widersprüchlich das preußische
Verwaltungshandeln auf der Grundlage dieses Edikts gewesen ist. Die
Dokumentation selbst umfasst mehr als 700 meist unveröffentlichte
Texte..., darunter zahlreiche Denkschriften und Eingaben, Briefe und
Berichte, Gutachten und Edikte, so dass bis hinein in den Schulalltag
ein vielfältiges Abbild kontroverser Argumentations- und Entscheidungsprozesse
entsteht. ... eine hervorragende wissenschaftliche, editorische und
verlegerische Leistung...
Hans-Georg Herrlitz, in: Die Deutsche Schule 93 (2001)
3, S. 373f.
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Vorliegende Quellensammlung, die zugleich für einen
wichtigen Teilbereich die archivalischen Grundlagen für die in
dieser Zeitschrift ebenfalls besprochene Arbeit von Mordechai Eliav
bietet, beruht auf einem von der Herausgeberin geleiteten und von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützten Forschungsvorhaben
an der Universität Hamburg über "Jüdische Dialogkultur
und das Problem der Interkulturalität - historische Rekonstruktion
am Beispiel der jüdischen Freischule in Berlin 1778-1825",
das seinerseits in das DFG-Gruppenprojekt "Wandlungsprozesse im
Judentum durch die Aufklärung" eingebunden wurde. Daß
der Gründung und Entwicklung dieser Schule geradezu paradigmatische
Bedeutung für die Wandlungen der jüdischen Gesellschaft in
der Aufklärungs- und Emanzipationszeit zukam, wird durch die beiden
einleitenden Kurzbeiträge Michael A. Meyers ("The Freischule
as a Mirror of Attitudes") und Shmuel Feiners ("The Freischule
an the Crossroads of the Seculaization Crisis i Jewish Society")
unterstrichen. Noch mehr aber kann die außerordentlich umfangreiche
und instruktive Einleitung der Herausgeberin ("Die jüdische
Freischule in Berlin - eine bildungstheoretische und schulhistorische
Analyse. Zur Einführung in die Quellensammlung", S. 14-84)
deutlich machen, daß die Quellensammlung grundlegende Erziehungsdiskurse,
Bildungskonzepte und Emanzipationsvorstellungen des späten 18.
und frühen 19. Jahrhunderts transparent macht.
J. Friedrich Battenberg, in: Aschkenas. Zeitschrift
für Geschichte und Kultur der Juden Jg. 11 (2001) H. 1, S. 293-295,
hier S. 293f.
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Die Edition [...] umfaßt formal alles, was sich
ein Forscher- und Gelehrtenherz wünscht: Personen-, Orts-, Sach-
und Literaturregister sowie Glossar sind gewissenhaft angelegt. [...]
Die Hg. selbst hat es übernommen, in einer umfangreichen Einleitung
von immerhin über 80 Seiten die Entwicklung der ´Modellschule´,
um die sich alles rankt, nachzuzeichnen. Ihr Versuch, dies spannend
nachzuzeichnen, ist ihr mit lockerer Souveränität gelungen.
Dabei gelingt es ihr auch, die wechselvolle Schulgeschichte (mit Verweisen
auf die abgedruckten Quellen) im Blick auf die innerjüdischen Auseinandersetzungen,
preußischen Reformpläne und der Reaktion in die allgemeingesellschaftliche
Entwicklung des Königreichs einzubetten.
Jörg Fehrs, in: Mitteilungen
& Materialien. Zeitschrift für Museum und Bildung 56 (2001), S. 133
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Einzigartig und in einer Dichte dokumentiert, wie es
sich Judaisten, Historiker und Erziehungswissenschaftler nicht reicher
wünschen könnten, ist die Geschichte der Freischule nun Quelle um Quelle
nachzulesen und zu interpretieren.
Margret Heitmann (Salomon-Ludwig-Steinheim
Institut), in: Kalonymos 1 (2001), S. 8
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Die vorliegende zwibändige Quellensammlung enthält
Dokumente zur Schulgeschichte, aber auch Materialien, die nicht nur
das historische Umfeld der Freischule, sondern auch den Prozess der
Modernisierung des Judentums im deutschsprachigen Raum um 1800 beleuchten.
Die Herausgeberin hat Schulakteen, Autobiographien jüdischer Aufklärer,
Programmschriften der Haskalah, Aktenstücke aus der Bildungsverwaltung
des preußischen Staates, Zeitungsmeldungen, Schulbuchrezensionen
u.a.m. gesichtet und einen Quellencorpus zusammengestellt, der auf mustergültige
Art und Weise die Geschichte der Freischule bis zu ihrer Auflösung
im Jahre 1825 rekonstruiert.
Julius H. Schoeps (Moses-Mendelssohn-Zentrum,
Potsdam), in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte
53 (2001) 3, S. 274-277, hier S. 276.
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Doch hat die Freischule beträchtliche historische Bedeutung
als Fokus jüdischer und nichtjüdischer Haltungen. Für die Juden repräsentierte
sie die vielbestrittene Abkehr vom früheren Verständnis dessen, was
jüdische Knaben zur Vorbereitung auf das jüdische Erwachsenenleben lernen
mußten. Für die Nichtjuden warf sie die Frage nach der Zukunft von Juden
und Judentum in der deutschen Gesellschaft auf. Die Haltungen, die Juden,
preußische Regierung und nichtjüdische Pädagogen gegenüber der Freischule
zum Ausdruck brachten, erweisen ihre Sicht auf das deutsche Judentum
und seine Zukunft überhaupt.
Michael A. Meyer, Hebrew Union College,
Cincinnati, USA, im Vorwort zum Band
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