Faszinierend ist, dass und wie [Uta Lohmann] von Friedländer herkommend auf Humboldt schaut – und so die übliche Blickrichtung wendet. Friedländer (1750-1834), ein Fabrikant und Freund M. Mendelssohns, ist eine der markantesten Stimmen der Berliner Haskala und Förderer eines liberalen, gebildeten Judentums.

Der vorliegende Band bietet die Ergebnisse eines von 2012-2016 durchgeführten DFG-Projekts und vereint fünf Studien Lohmanns zu Friedländer und seinen Bildungsvorstellungen sowie zum Verhältnis zwischen Humboldt und Friedländer bzw. Haskala (27-253) sowie »Editionen und Analysen« (254-558). Dieser editorische Teil umfasst die Dokumentation der Korrespondenz zwischen Friedländer und Humboldt (256-313). Es handelt sich um insgesamt 26 Texte, die hier anhand der (wenigen) erhaltenen Originale, die »hier [z.T.] erstmals gedruckt vorliegen«, und anhand derjenigen »älteren Drucke, deren Herausgebern die Originalbriefe noch zur Verfügung standen, und die den Text am vollständigsten wiedergeben« (258), geboten werden. Darüber hinaus wird ein »Textcorpus von zwölf deutschsprachigen Texten Friedländers« zusammengestellt, gedruckt und kommentiert, »die zwischen 1785 und 1821 entstanden«, seinerzeit an entlegenem Ort publiziert wurden und von ihrer Kommunikationsweise her einer »Unterhaltung« nahekommen: »Es handelt sich um reale Briefe, Brieffiktionen und Vorträge, von Friedländer als ›Briefe‹, ›Vorlesung‹ oder ›Reden‹ bezeichnet« (314). Die erwähnten »Studien« beziehen sich immer wieder auf diese Texte, aber auch auf weiteres Quellenmaterial. Zwei der Studien sind informative Erkundungen von »David Friedländers Bildungsvorstellungen im Kontext der Berliner Haskala« (so ein Untertitel; 29-74) bzw. seines Verhältnisses zur »zweite[n] Generation der Berliner Haskala« (so ein weiterer Untertitel; 75-106), drei weitere beleuchten das Verhältnis von Haskala und Neuhumanismus bzw. Friedländer und Humboldt (109-253).

Aus der Rezension von Bernd Schröder (Göttingen), in: Verkündigung und Forschung 67 (2022), S. 19-32.

Die monumentale Studie ermöglicht auf der Basis umfangreichster Quellenarbeit einen ganz neuen Blick auf die bildungspolitischen Revolutionen um 1800 und auf die Transferprozesse zwischen ‚deutscher‘ und ‚jüdischer‘ Aufklärung, die diese Revolutionen ermöglicht haben.

Im Mittelpunkt der Darstellung stehen mit Wilhelm von Humboldt (1767–1835) und David Friedländer (1750–1834) nicht nur zwei Protagonisten, die sich im Laufe ihrer lebenslangen Freundschaft intensiv über Bildungsideale und -politik austauschten, sondern die darüber hinaus paradigmatisch einstehen für die epochalen Bildungsbewegungen der jüdischen Aufklärung (Haskala) und des Neuhumanismus.

Beide Bewegungen werden von Uta Lohmann ausführlich charakterisiert und kontextualisiert, so dass Neulinge der Materie die Studie als bildungsgeschichtliche Einführung lesen können, während Kenner auf den mehr als 600 Seiten des Buches reichlich Neues und Überraschendes finden können.

Aus der Rezension von Cord-Friedrich Berghahn (Braunschweig), in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 70.1 (2020), S. 100-106.
In ihrer Monographie belegt Uta Lohmann auf eindrucksvolle Weise die vielfältigen und bisher nur am Rande thematisierten Verschränkungen zwischen der Berliner Haskala und dem neuhumanistischen Bildungsdenken. Die Autorin sucht diese These primär am Beispiel der tiefgreifenden persönlichen und intellektuellen Beziehung zwischen David Friedländer und Wilhelm von Humboldt festzumachen. Zu diesem Zweck rückt sie ihren intensiven jahrelangen Briefwechsel, den sie auch im abschließenden Teil ihres Werkes gründlich ediert und analysiert, in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung.

Aus der Rezension von Ze'ev Strauss (Hamburg), in: Trumah. Zeitschrift der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg 25 (2022), S. 208-209.