Abschlußbericht an die Deutsche Forschungsgemeinschaft - Prof. Dr. Ingrid Lohmann, Universität Hamburg. Im Februar 1998


Abschlußbericht des DFG-Projekts

Jüdische Dialogkultur
und das Problem der Interkulturalität.
Historische Rekonstruktion am Beispiel der
jüdischen Freischule in Berlin
1778-1825

Kennwort: Freischul-Projekt


Projektverlauf
        Kooperationen        Publikationen        Anlagen

 

1. Projektverlauf

Der Erstantrag an die DFG für eine explorative Phase erfolgte im Mai 1992, ein Fortsetzungsantrag wurde 1993, ein Verlängerungsantrag 1995 gestellt. Bewilli- gungszeitraum war Dezember 1992 bis November 1996. Eine kostenneutrale Verlängerung bis Frühjahr 1997 wurde gewährt. Der hiermit vorgelegte Abschlußbericht sollte der DFG, einem entsprechenden Schreiben von Herrn Dr. Nießen zufolge, im Juni 1997 vorliegen.

Im Folgenden möchten wir dem formalen Erfordernis Genüge leisten, der Deutschen Forschungsgemeinschaft über Verlauf und Ergebnis des geförderten Projekts zusammenfassend zu berichten. Zweck dieses Berichts ist es hingegen nicht, den wissenschaftlichen Ertrag des Freischulprojekts im Einzelnen darzustellen, dies geschieht durch Publikationen. Einige bereits in Zeitschriften und Sammelwerken veröffentlichte Artikel fügen wir in Auswahl bei (vgl.: http://www.ingridlohmann.de/lohmann.htm).

Wir bedanken uns bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und den Gutachtern für die Förderung des Freischul-Projekts. Ohne diese Finanzierung wäre seine Durchführung nicht möglich gewesen. Wir danken insbesondere Herrn Dr. Nießen. Es ist uns klar, daß wir mit unserer langen Funkstille seine Geduld strapaziert haben. Dafür bitten wir um Entschuldigung. Wir sind aber zuversichtlich, daß wir mit den jetzt allmählich zum Vorschein kommenden Erträgen des Projekts umso überzeugender dastehen werden.

Die gewichtigsten Produkte des Freischul-Projekts bestehen in zwei Quellenbän- den und einem Darstellungsband, die in der von uns geplanten Schriftenreihe Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland erscheinen sollen. Die Schriftenreihe wird mit diesen drei Bänden eröffnet (näheres unter 3).

Außer der Antragstellerin waren im Freischul-Projekt als ständige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Uta Lohmann M.A.* (Judaistik), Britta L. Behm und Christian Bahnsen (Erziehungs- und Geschichtswissenschaft) sowie Peter Dietrich (Erziehungs- und Rechtswissenschaft) tätig. Uta Lohmann hatte die Projektstelle inne (½ BAT 2a), Britta L. Behm, Christian Bahnsen und Peter Dietrich wurden aus den durch die DFG und vom Fachbereich Erziehungswissenschaft (FBE) bereitgestellten Mitteln für studentische bzw. wissenschaftliche Hilfskräfte finanziert.

Ein reguläres und zwei aus dem Allgemeinen Forschungspool der Universität Hamburg finanzierte Forschungssemester der Antragstellerin gingen weitgehend in die Projektarbeit ein, zum größten Teil in die Transkription handschriftlicher Archivalien und ins Korrekturlesen.

Daneben waren die Judaistinnen Lucie Renner M.A. und Emily Link M.A. (beide Berlin) sowie Andrea Schatz M.A. (Jerusalem, Duisburg) als Übersetzerinnen aus dem Haskala-Hebräischen für uns tätig; ihre Arbeiten wurden auf Honorarbasis mit DFG-Werkvertragsmitteln entlohnt. Ferner hat uns eine Reihe studentischer Hilfskräfte in unterschiedlichem Umfang und verschiedenen Phasen des Projekts bei der Arbeit unterstützt; wir danken vor allem Anja Hasse, Tanja Bahnsen und Timo Sauerwein.

Von unserer Seite wurde das Projekt "offiziell" mit dem Workshop zum Ab- schluß des Freischulprojekts beendet, der vom 2.-4. Juni 1997 an der Universität Hamburg stattgefunden hat. Außer den Projektmitgliedern waren Prof. Dr. Harald Scholtz, FU Berlin, und Dr. Shmuel Feiner, Harvard University bzw. Bar-Ilan Universität in Ramat Gan, Israel, beteiligt, zeitweilig auch Prof. Dr. Fulbert Steffensky und Prof. Dr. Meinert A. Meyer (FBE) sowie Dr. Monika Richarz, die Leiterin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden an der Universität Hamburg. Ihnen allen danken wir für ihre Gesprächsbereitschaft und kritischen Hinweise. Die Kollegen Scholtz, Feiner, Steffensky sowie Frau Richarz sind Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der angesprochenen Schriftenreihe, in der wir die Ergebnisse des Freischulprojekts publizieren.

Verzögerungen beim Abschluß der Arbeiten ergaben sich aus zwei Gründen:

Zum einen durch die Nichtbewilligung einer zweiten ½ BAT IIa-Stelle, um die wir in unseren Anträgen jeweils nachgesucht hatten. Da die Nichtbewilligung nicht in Form einer Reduzierung des intendierten Umfangs der Forschung aufgefangen werden konnte und sollte, mußten Antragstellerin und MitarbeiterInnen entsprechende Mehrarbeit leisten. Es gelang zwar jedesmal, die dafür erforderlichen zusätzlichen Unterhaltsmittel zu beschaffen; da diesbezügliche Antragstellungen aber ebenfalls immer mit Zeiteinsatz verbunden sind, verschob sich das ganze Arbeitsprogramm bzw. mußte bis zur jeweiligen Bewilligung ausgesetzt werden. Gestellt und bewilligt wurden in diesem Zusammenhang mehrere Anträge an verschiedene "Töpfe" des FBE und der Universität zur Finanzierung weiterer studentischer Hilfskraftstunden (Behm, Bahnsen, Dietrich) beziehungsweise auf Promotionsstipendien (Behm, Uta Lohmann, Dietrich). Peter Dietrich und Uta Lohmann arbeiten inzwischen auf der Basis von Promotionsstipendien, Britta Behm hat eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin zur Promotion an meinem Institut inne, Christian Bahnsen befindet sich im Referendariat; mit unterschiedlichem Zeiteinsatz sind alle an der laufenden Endredaktion des ersten Quellenbandes beteiligt (siehe unten).

Verzögerungen ergaben sich zum anderen durch die langen Zeiträume, die vom ersten Wissen um die Existenz bestimmter Materialien über ihr Ausfin- digmachen in einem Archiv, Bestellen und Erhalten bis zum Vorliegen des Transkripts aus dem Handschriftlichen (oder der Übersetzung aus dem Haskala- Hebräischen) vergehen. Wir halten, grob geschätzt, 80 % des im ersten Quel- lenband zu publizierenden Materials seit Mitte 1996 fix und fertig in Händen. Einige Materialien, von denen wir seit langem wissen, auf die wir aber nicht verzichten konnten und wollten, standen uns jedoch erst zu Jahresbeginn 1997, die letzten sogar erst im Dezember 1997 zur Verfügung.

Nur nebenbei: die Transkription der diversen zweihundert Jahre alten Handschriften dauert noch länger, als man bei aller Erfahrung mit dieser Art von Arbeit ohnehin schon einplant. Nur manchmal sind sie von professionellen Kopisten verfaßt und also problemlos entzifferbar; oftmals jedoch handelt es sich um nahezu unlesbare Briefkonzepte oder Notizen der beteiligten Akteure; immer steht die betreffende Archivalie nur in Kopie (deren technische Qualität nicht selten sehr zu wünschen übrig läßt) zur Verfügung, denn auswärtige Archivaufenthalte von entsprechend langer Dauer wären unbezahlbar. Neben der Antragstellerin waren alle MitarbeiterInnen an der Transkription beteiligt; alle Transkripte sind mehrfach Korrektur gelesen und dabei mit dem Original (in Kopie) verglichen worden. Wir haben kein handschriftliches Aktenstück, dessen wir habhaft wurden und von dessen Relevanz wir überzeugt waren, nicht transkribiert, auch wenn es anfänglich völlig unleserlich schien. Das hat sich definitiv ausgezahlt, aber es kostet auch Zeit.

Im Kontext des Freischulprojekts sind folgende Studienabschlußarbeiten abgeschlossen worden bzw. befinden sich Dissertationen in Arbeit:

Peter Dietrich: Das Verhältnis der preußischen Administration zur Reform des jüdischen Erziehungswesens. Eine Studie anhand der Geschichte der jü dischen Freischule in Berlin und der Kö niglichen Wilhelmsschule in Breslau. Magisterarbeit. April 1996.

Michaela Will: Zur Konstruktion von Weiblichkeit in der jüdischen Aufklärung. Die Diskussion um Frauenbild und Mädchenerziehung in der Zeitschrift SULAMITH. Diplomarbeit. September 1996.

Christian Bahnsen: Die Koedukation christlicher und jüdischer Kinder an der Berliner jüdischen Freischule (1778-1825). Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der ersten Staatsprüfung für das Lehramt an der Oberstufe. Dezember 1996

Britta L. Behm: Die sprach- und bildungstheoretische Konzeption Moses Mendelssohns. Dissertationsvorhaben.

Uta Lohmann: Erziehungskonzepte der Haskala am Beispiel von David Friedländer (1750-1834). Dissertationsvorhaben.


2. Kooperationen

Fruchtbar für das Freischul-Projekt waren die Kooperationen mit dem FABER- Schwerpunktprogramm der DFG, dem unser Projekt assoziiert war, sowie mit den übrigen DFG-Projekten der Gruppe "Wandlungsprozesse im Judentum durch die Aufklärung" (Horch-Gruppe); diese konstituierte sich erst, als das Freischul- Projekt bereits lief. Auch hier erwies sich die Zusammenarbeit als sehr sinnvoll, ja eigentlich als ein Glücksfall, denn auf diese Weise hatten wir Gesprächszusammenhänge in den beiden (inter-) disziplinären Kontexten, in denen wir das Freischul-Projekt situiert sehen. Materialisiert haben sich beide Kooperationen für uns in kontinuierlichen Gesprächszusammenhängen und in der Präsentation des Projekts im Rahmen der entsprechenden Arbeitstagungen. Sie waren beide wichtig und äußerst nützlich für die Selbstvergewisserung unserer eigenen Fragestellung wie auch dafür, das Projekt in zwei völlig unterschiedlichen Kontexten, die sich aber durch unserem Vorhaben jeweils verwandte Problemstellungen konstituieren, zur Diskussion stellen zu können: im einen Fall im Hinblick auf die Bemühung um die theoretische Fundierung einer Konzeption interkultureller Bildung, die sich aus den aktuellen Problemlagen einer multikulturellen Gesellschaft ergibt (FABER), im anderen Fall durch die Erweiterung und Korrektur der historischen Perspektive auf unseren Gegenstand, die sich aus dem Vergleich und der Kontrastierung mit anderen Aspekten des kulturellen Umbruchs, in dem sich die deutsche Judenschaft im Übergang zur Moderne befand, ergeben haben (Horch-Gruppe).

Erfreulich war die Bereitschaft fast aller der von uns angefragten Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit im wissenschaftlichen Beirat der Schriftenreihe Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland, die wir für die Publikation der Ergebnisse des Freischul-Projekts eröffnen wollen. Diese Schriftenreihe soll in einem zweiten Schritt auch für Veröffentlichungen Dritter offenstehen.

Dem wissenschaftlichen Beirat gehören an: Dominique Bourel (Historiker, Paris, Jerusalem), Mordechai Breuer (Historiker, Ramat Gan, Jerusalem), Michael Brocke (Judaist, Duisburg), Julius Carlebach (Judaist und Soziologe, vormals Heidelberg), Mordechai Eliav (Historiker, Ramat Gan), Rachel Monika Herweg (Erziehungswissenschaftlerin und Judaistin, Berlin), Eva J. Engel-Holland (Literaturwissenschaftlerin, Wolfenbüttel), Shmuel Feiner (Historiker, Boston, Ramat Gan), Kuno Füssel (Theologe und Mathematiker, Koblenz), Hans-Georg Herrlitz (Erziehungswissenschaftler, Göttingen), Arno Herzig (Historiker, Hamburg), Hans-Otto Horch (Literaturwissenschaftler, Aachen), Christine Mayer (Erziehungswissenschaftlerin, Hamburg), Paul Mendes-Flohr (Religionsphilosoph, Jerusalem), Michael A. Meyer (Historiker, Cincinnati, Ohio), Stéphane Mosès (Literaturwissenschaftler, Jerusalem), Helmut Peukert (Erziehungswissenschaftler und Theologe, Hamburg), Claudia T. Prestel (Historikerin, Jerusalem), Monika Richarz (Historikerin, Hamburg), Georg Rückriem (Erziehungswissenschaftler, Berlin), Harald Scholtz (Erziehungswissenschaftler, Berlin), David Sorkin (Historiker, Madison, Wisconsin), Fulbert Steffensky (Theologe und Religionspädagoge, Hamburg), Shulamit Volkov (Historikerin, Tel Aviv), Jörn Wittern (Erziehungswissenschaftler, Hamburg).

Einzelne Beiratsmitglieder haben uns bereits auf verschiedene Weise unterstützt. Hervorzuheben ist an dieser Stelle vor allem die von den Kollegen Harald Scholtz (FU), Shmuel Feiner (Bar-Ilan Universität) und Michael A. Meyer (Hebrew Union College) erklärte Bereitschaft zur Abfassung von Vorworten zu unserem ersten Quellenband in deutscher, hebräischer und englischer Sprache. Die Vorworte von Feiner und Meyer liegen bereits vor; wir fügen sie diesem Bericht in der Anlage bei (das hebräische Vorwort in englischer Übersetzung; nur an die DFG, nicht hier). Michael A. Meyer, dem wie den beiden anderen Vorwort-Autoren der größte Teil des Materials des ersten Quellenbands vorliegt, hat uns wichtige Hinweise für die korrekte zeitliche Zuordnung einiger undatierter Archivalien gegeben, und Shmuel Feiner hat uns, außerhalb der sonstigen langatmigen Bestellwege, Stücke aus Jerusalemer Archiven verfügbar gemacht, die wir erst lange nach unseren eigenen Recherchen vor Ort entdeckt hatten.

Daneben danken wir Stéphane Mosès für seine Bereitschaft zu einem mehrstündigen Gespräch mit uns, das im Herbst 1996 im Rahmen einer Einladung des Universitätspräsidenten an ihn zustandekam.

Es war nur ein kleiner workshop, mit dem wir im Juni 1997 den Schlußpunkt unter das Freischul-Projekt gesetzt haben, aber er war auch nicht zu Repräsentationszwecken gedacht. Zu danken ist an dieser Stelle der Karl H. Ditze- Stiftung der Universität Hamburg, die Zuschüsse zu den Kosten für die Anreise aus Boston und die Hotelübernachtungen von Dr. Feiner gewährt hat. Über einige Forschungsergebnisse haben wir kontrovers mit ihm und mit Harald Scholtz diskutiert, und einzelne Kontroversen bleiben auch bestehen. Sie treten zum Beispiel in abweichenden Einschätzungen zwischen Feiners Vorwort und (der von der Antragstellerin verfaßten) Einleitung zum ersten Quellenband zutage. Sie offenzuhalten, erscheint uns fruchtbar, nicht nur für die weitere Zusammenarbeit, sondern auch für die Leserschaft des Buches.

[...]

3. Präsentation, Publikationen

Vorstellungen des Freischulprojekts durch kurze Projektskizzen o.ä. haben statt- gefunden
- in der Zeitschrift Erziehungswissenschaft der DGfE
- im Rundbrief der Historischen Kommission der DGfE
- in den Arbeitsinformationen der Kölner Bibliothek Germania Judaica
- in VJS - Nachrichten der Vereinigung für jüdische Studien
- verschiedentlich in Uni-HH und Ewi-Report (den Informationsblättern der Universität Hamburg und des FBE)
- im Internet (www.erzwiss.uni-hamburg.de).

Ergebnisse des Freischul-Projekts wurden (bzw. werden) durch Vorträge zur Diskussion gestellt im Rahmen
- der Tagungen Wandlungsprozesse im Judentum durch Aufklärung der Horch-Gruppe in Hamburg (1994), Stuttgart (1995), Bamberg (1996) und Potsdam (1997)
- von Symposien oder Arbeitsgruppen auf den DGfE-Kongressen in Dortmund (1994), Halle (1996) und Hamburg (1998)
- der Ringvorlesung Migration und Interkulturelles Lernen an der Universität Hamburg im Wintersemester 1996/97
- der FABER-Abschluß tagung in Bonn (1997)
- des Workshops zum Abschluß des Freischul-Projekts in Hamburg (1997)
- eines Kolloquiums der Arbeitsstelle Interkulturelle Bildung am FBE im Som- mer 1998.

Einige Aufsätze in Vorbereitung bzw. mit Ergebnissen des Freischul-Projekts sowie zwei kommentierte Primärtexte sind in verschiedenen Zeitschriften, Jahr- büchern, Sammelbänden erschienen, und zwar verfaßt bzw. kommentiert von der Antragstellerin:
1) Über die Anfänge bürgerlicher Gesprächskultur. Moses Mendelssohn (1729-1786) und die Berliner Aufklärung. In: Pädagogische Rundschau 46 (1992) 1, 35-49
2) »Es gibt keine Synthese der Widersprüche« Jüdische Dialogkultur und das Problem der Interkulturalität. In: Helmut Schreier, Matthias Heyl (Hrsg.): Das Echo des Holocaust. Pädagogische Aspekte des Erinnerns. Hamburg 1992»3) Lebenswelt und staatsbürgerliche Emanzipation. Zum bildungstheoretischen Gehalt der Sprachauffassung Moses Mendelssohns. In: Ortwin Beisbart, Helga Bleckwenn (Hrsg.): Lebenswelt und Deutschunterricht in der Fachgeschichte. Frankfurt am Main, New York 1993
4) Einleitung (und Herausgeberschaft zusammen mit Wolfram Weiße). In: Dialog zwischen den Kulturen. Erziehungshistorische und religionspädagogische Gesichtspunkte interkultureller Bildung. Münster 1994
5) Interkulturalität als Strategie sozialen Aufstiegs und religiöser Reform. Jüdische Knaben- und Mädchenbildung um 1800. In: Margret Kraul, Christoph Lüth (Hrsg.): Erziehung der Menschen-Geschlechter. Studien zur Religion, Bildung und Sozialisation in Europa seit der Aufklärung. Weinheim 1996, 185-213
6) Esther Gad, Einige Aeußerungen über Hrn. Kampe'ns Behauptungen, die weibliche Gelehrsamkeit betreffend. In: Erziehung und Bildung des weiblichen Geschlechts. Eine kommentierte Quellensammlung zur Bildungs- und Berufsbildungsgeschichte von Mädchen und Frauen. Bd. 1. Herausgegeben von Elke Kleinau und Christine Mayer. Weinheim 1996, 53-63
7) Ein Plan aus den Anfängen jüdischer Mädchenschulen (1803/4). In: Erziehung und Bildung des weiblichen Geschlechts, a.a.O., 64-69
8) Vom Ausschluß der hebräischen Rede aus dem Diskurs der Aufklärung. Preußische Minderheitenpolitik im frühen 19. Jahrhundert. In: Jahrbuch für Pädagogik 1996, 123-136
9) Die Juden als Repräsentanten des Universellen. Zur gesellschaftspolitischen Ambivalenz klassischer Bildungstheorie. In: Ingrid Gogolin, Marianne Krüger-Potratz, Meinert A. Meyer (Hrsg.): Pluralität und Bildung. Opladen 1998, 153-178
sowie
verfaßt von Peter Dietrich und Uta Lohmann:
10) "Daß die Kinder aller Confessionen sich kennen, ertragen und lieben lernen". Die jüdische Freischule in Berlin zwischen 1778 und 1825. In: Ingrid Lohmann, Wolfram Weiße (Hrsg.): Dialog zwischen den Kulturen, a.a.O., 37-48.

Wir haben auch hier noch einmal Ursula Apitzsch, Ulrike Dünkelsbühler, Kuno Füssel, Evelyn Goodman-Thau, Manfred Lauermann, Marc-Alain Ouaknin, Helmut Peukert, Claudia T. Prestel, Christiane Pritzlaff, Nils Römer, Barbara Schneider, Harald Scholtz, Marianne Schuller und Alexander Schwarz zu danken, die sich mit ihren Beiträgen für den Dialog- Tagungsband mehr oder weniger weitreichend auf Fragestellungen des Freischul- Projekts eingelassen hatten.

Zwei Quellensammlungen und ein Darstellungsband mit den Ergebnissen des Freischulprojekts, ergänzend die Neupublikation der grundlegenden Untersuchung von Mordechai Eliav, sind in Vorbereitung für die Schriftenreihe Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Im einzelnen (die Reihenfolge ist je nach Fertigstellung zu aktualisieren):

Band 1

CHEVRAT CHINUCH NEARIM
Die jüdische Freischule in Berlin (1778-1825)
im Umfeld preußischer Bildungspolitik und jüdischer Kultusreform.
Eine Quellensammlung.

Stand: Das Material ist elektronisch erfaßt, Korrektur gelesen und formatiert. Zwei von drei geplanten Vorworten liegen vor. In Arbeit sind Einleitung, Sachregister, Ortsregister, Personenregister, hebräisches Glossar, lateinisches Glossar, Verzeichnis der Freischul-Kontribuenten, Lehrer- und Schüler- Verzeichnisse, Schlüssel der verwendeten Archivalien und der im Quellenmaterial vorkommenden Abkürzungen. Umfang: ca. eintausend Druckseiten. Druck- kostenzuschüsse sollen durch Subskription sowie bei der DFG eingeworben werden. Die Abgabe an den Verlag ist für Mai geplant. Das Inhaltsverzeichnis für den Materialkorpus dieses Bandes fügen wir in der Anlage bei. (http://www.erzwiss.uni- hamburg.de/Inst01/Projekt/JF/inhaltvz.htm)

Zum Inhalt (Klappentext-Entwurf): Die Sammlung dokumentiert die Geschichte der jüdischen Freischule in Berlin von 1778 bis 1825. Die Auswahl der Quellen zu der Schule selbst ist darin so vollständig wie möglich: Jedes im Zuge der Erarbeitung bekannt gewordene zeitgenössische Schriftstück, das die Freischule direkt betrifft, ist aufgenommen. Darüber hinaus enthält die Sammlung Dokumente, die die Freischule in ihr geschichtliches Umfeld einbetten: Biographien jüdischer Aufklärer und Programmatiken zur Reform des jüdischen Erziehungswesens (ca. 1780-1810), Aktenstücke zur Bildungspolitik und Verwaltung des preußischen Staates, Texte zur innerjüdischen Auseinandersetzung um die Modernisierung des Kultus und Unterrichts (1812-1832). Einige Jahre nach dem Ende der Freischule - ihre Nachfolgerin, die jüdische Gemeindeschule (1826-1942), war kaum konsolidiert - begannen in den Ministerien für Inneres sowie für Kultus und Unterricht Verhandlungen über eine neue 'Judenordnung'; sie wurden mit Beratungen über die Errichtung gesonderter jüdischer Elementarschulen verbunden. Diese Verhandlungen, hier ebenfalls in Auszügen dokumentiert, beleuchten die gegenüber den Zeiten von Aufklärung und Emanzipation veränderte Politik des preußischen Staates. Den Beschluß des Bandes bilden Passagen aus der älteren Sekundärliteratur (ca. 1860-1900). Sie verdeutlichen nicht zuletzt den hohen Symbolwert für die angestrebte soziale Integration, den die Erinnerung an die Anfänge der modernen Erziehung für die deutsche Juden- schaft hatte.

Fast alle aus dem Handschriftlichen übertragenen Aktenstücke liegen hier zum ersten Mal in gedruckter Form vor. Darüberhinaus stammen die meisten Quellen, die bereits im Untersuchungszeitraum gedruckt vorlagen, aus Ar- chivbeständen. Dies gilt etwa für die Nachrichten von der Freischule, die bisher kaum zugänglich waren. Einige der vorgestellten Texte sind aus dem Haskala-Hebräischen übersetzt, das auch für native speakers heute nicht mehr ohne weiteres verständlich ist. Die vorliegende Edition stellt damit erstmals eine umfassende Materialgrundlage für die Rekonstruktion dieses Kapitels der deutsch-jüdischen Bildungsgeschichte zur Verfügung.

Band 2

Jüdische Schule in der preußischen Bildungsreform.
Analysen, Interpretationen, Kontroversen
zur jüdischen Freischule in Berlin
(1778-1825)

(vorläufiger Titel)

Inhalt und Stand: Darstellungsband mit Ergebnissen des Freischulpro- jekts und mit Beiträgen Dritter; Materialgrundlage für die Artikel von unserer Seite ist vor allem der erste Quellenband. Aufgenommen werden außerdem Bei- träge einer Arbeitsgruppe im Rahmen des 16. DGfE-Kongresses im März 1998. Einige geplante Artikel stützen sich auf Studienabschlußarbeiten bzw. die in Arbeit befindlichen Dissertationen der Projekt-MitarbeiterInnen. Weitere Artikel sollen aus den Kontexten des FABER-Schwerpunkts und der Horch-Gruppe sowie von Beiratsmitgliedern eingeworben werden. Die Erarbeitung dieses Bandes wird wieder aufgenommen, sobald der erste Quellenband bei der Druckerei ist.

Band 3

Zwischen Glückseligkeit und Nationalstolz.
Erziehungsprogramme jüdischer Aufklärer.
Texte aus dem Kreis der Berliner Haskala
1770-1820

(vorläufiger Titel)

Stand: Die in diesem zweiten Quellenband zu publizierenden Texte liegen vor. Ein Teil von ihnen ist mit den dafür zur Verfügung gestellten DFG- Mitteln aus dem Haskala-Hebräischen übersetzt worden. Die Fertigstellung dieses Bandes wird wieder aufgenommen, sobald der erste Quellenband bei der Druckerei ist.

Zum Inhalt: Hier werden Texte zur Programmatik einer Reform der jüdischen Erziehung aus der Aufklärungszeit versammelt. Die Auswahl richtet sich vor allem auf Texte aus der Zeitschrift HaMeassef zwischen 1784 und 1811, unter anderen von Mordechai Gumpel Schnaber, Isaac Euchel, Elia Mor- purgo und David Caro. In diesen Quellenband gehören außerdem einige Artikel aus der Zeitschrift Sulamith sowie von Opponenten der in den Aufklärungsprogrammatiken vertretenen Positionen, ferner einige für die damalige Diskussion besonders kennzeichnende Schulprogramme jüdischer Schulen sowie Gutachten zur Umorganisation der jüdischen Religionserziehung (mit geographischem Schwerpunkt Berlin, Brandenburg, Preußen). Etliche der genannten Texte müssen noch elektronisch erfaßt werden.

Die ursprünglich im Haskala-Hebräischen verfaßten Texte stellen nicht nur eine besondere Herausforderung an die Übersetzung dar - hier haben wir den o.g. Kolleginnen sehr zu danken, sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet. Auch die Interpretation dieser Texte ist, der hohen Qualität der Übersetzungen ungeachtet, sehr voraussetzungsvoll. Wir planen daher, neben unserer eigenen Lesart, für diesen Band auch die Interpretation weiterer KollegInnen, vor allem aus dem Kreis des wissenschaftlichen Beirats, zu erbitten.

Band 4

Mordechai Eliav:
Jüdische Erziehung in Deutschland
im Zeitalter von
Aufklärung und Emanzipation

(Erstveröffentlichung Jerusalem 1960)

Zum Inhalt: Das von dem aus Köln stammenden Jerusalemer Historiker Prof. em. Eliav verfaßte Buch ist 1960 in hebräischer Sprache erschienen. Es handelt sich um die klassische Darstellung zum Gegenstand. Sie wird häufig bibliographiert, ist aber aufgrund der Sprachbarriere letztlich zuwenig, in Deutschland bisher fast gar nicht rezipiert worden; viele der einschlägig arbei- tenden KollegInnen rezipieren die Untersuchung Eliavs nur aus seinen später er- schienenen, aber naturgemäß nicht so umfassenden Aufsätzen.

Stand: Entgegen unserer ursprünglichen Planung verzichten wir auf die Aufnahme des Freischul-Kapitels aus Eliavs Buch in den Darstellungsband des Freischul-Projekts, stattdessen soll das gesamte Werk in deutscher Übersetzung in der Schriftenreihe erscheinen. Mordechai Eliav hat vor einigen Monaten mit der Überarbeitung begonnen. Wir freuen uns ganz besonders über das Zustan- dekommen dieser Neuveröffentlichung in deutscher Sprache.

Die Finanzierung der Übersetzung ist weitgehend gesichert. Hierfür danken wir Prof. Dr. Walter Zwi Bacharach, dem früheren Inhaber des Braun-Lehrstuhls für die Geschichte der Juden in Preußen an der Bar-Ilan Universität, der Karl H. Ditze-Stiftung in Hamburg sowie der Behörde für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg; sie tragen mit größeren Zuschüssen zur Deckung der Übersetzungskosten bei. Die Übersetzung wird zur Zeit angefertigt, und zwar von der Judaistin Maike Strobel M.A. (Duisburg).

In welcher Reihenfolge die zuletzt genannten Bände erscheinen, wird im einzelnen vom Termin ihrer jeweiligen Fertigstellung abhängen. Geplant ist außerdem, die beiden in Arbeit befindlichen Dissertationen aus dem Kontext des Freischul- Projekts von Uta Lohmann und Britta Behm in dieser Schriftenreihe zu publizieren. Alles in allem: Die Mühlen des Freischul-Projekts arbeiten langsam, aber eben auch nachhaltig.

Zum Abschluß dieses Berichts ein Satz, den ich auch Ingrid Gogolin für ihren Abschlußbericht des FABER-Schwerpunktprogramms, gewissermaßen als Lehre aus dem Freischul-Projekt, übermittelt habe:

Die Arbeit an diesem Projekt hat gezeigt, daß es aus der oft bemühten klassischen Epoche der Pädagogik zwischen 1770 und 1820 keine erziehungs- und bildungstheoretischen Begriffsbestände gibt, die man für die theoretische Fundierung eines Konzepts interkultureller Bildung unbesehen übernehmen könnte. Im Gegenteil erweist die schul- und bildungshistorische Betrachtung, sobald man die jüdische Minderheit in die Analyse einbezieht, daß selbst so harmlos erscheinende überkommene Begriffspaare wie Unterricht und Erziehung, Gesinnung und Fertigkeiten, ja letztlich das gesamte klassische Konzept einer allgemeinen öffentlichen Bildung hochgradig ambivalent sind, was den Umgang mit "dem Fremden" bzw. mit kulturellen und religiösen Differenzen betrifft (vgl. hierzu die Artikel der Antragstellerin von 1996 und 1998).

Falls die in diesem Abschlußbericht gegebenen Informationen nicht ausreichen, stehe ich jederzeit für weitere Auskunft und Rechenschaftslegung zur Verfü- gung. Im übrigen werden wir die DFG selbstverständlich durch Zusendung der Publikationen über den weiteren Fortgang auf dem Laufenden halten.

4. (Verzeichnis der) Anlagen

A Quellenband 1

- Einleitung (auszugsweise; Entwurfsfassung)

- hebräisches Vorwort von Shmuel Feiner (in englischer Übersetzung)

- englisches Vorwort von Michael A. Meyer

- Inhaltsverzeichnis des Quellenmaterials

B Aufsatzpublikationen (Auswahl)

- IL: Über die Anfänge bürgerlicher Gesprächskultur. Moses Mendelssohn (1729-1786) und die Berliner Aufklärung. In: Pädagogische Rundschau 46 (1992) 1, 35-49

- Peter Dietrich, Uta Lohmann: "Daß die Kinder aller Confessionen sich kennen, ertragen und lieben lernen". Die jüdische Freischule in Berlin zwischen 1778 und 1825. In: Ingrid Lohmann, Wolfram Weiße (Hrsg.): Dialog zwischen den Kulturen. Erziehungshistorische und religionspädagogische Gesichtspunkte interkultureller Bildung. Münster 1994, 37-48.

- IL: Interkulturalität als Strategie sozialen Aufstiegs und religiöser Reform. Jüdische Knaben- und Mädchenbildung um 1800. In: Margret Kraul, Christoph Lüth (Hrsg.): Erziehung der Menschen-Geschlechter. Studien zur Religion, Bildung und Sozialisation in Europa seit der Aufklärung. Weinheim 1996, 185-213

- IL: Vom Ausschluß der hebräischen Rede aus dem Diskurs der Aufklärung. Preußische Minderheitenpolitik im frühen 19. Jahrhundert. In: Jahrbuch für Pädagogik 1996, 123-136.

- IL: Die Juden als Repräsentanten des Universellen. Zur gesellschaftspolitischen Ambivalenz klassischer Bildungstheorie. In: Ingrid Gogolin, Marianne Krüger- Potratz, Meinert A. Meyer (Hrsg.): Pluralität und Bildung. Opladen 1998, 153- 178.

(* Wir sind nach wie vor nicht miteinander verwandt.)


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